Die Turnierform der Sit and Go’s erfreut sich in letzter Zeit immer größerer Beliebtheit. Man setzt sich an einen Tisch, wartet auf die gewünschte Anzahl an Gegnern und legt los. Sit-and-Go’s (ab jetzt mit SnG abgekürzt) können unterschiedlich aufgebaut sein: 10er-SnG, 6er-SnG, Qualifier-SnG, Winner Takes it all 6er-SnG, Heads-Up-SnG, usw. Wir schauen uns die beliebteste und wohl auch profitabelste SnG-Form an: Das Single Table Tournament (= STT) mit 10 Spielern und der Auszahlung 50/30/20 für die ersten drei Plätze.
Diese Turniere sind so strukturiert, dass man zu Beginn tight spielen und zum Ende loose spielen muss. Der Viertplatzierte bekommt gar nichts, während der dritte immerhin seinen Einsatz verdoppelt. Diese Kluft sorgt häufig für nervenaufreibendes Spiel und ist ein Thema für sich.
Die frühe Phase des Turniers
Die Blinds sind niedrig, die Stacks tief und die Action deswegen groß. Sogut wie alle wollen sich den günstigen Flop ansehen und diesen irgendwie treffen um möglichst früh viele Chips zu gewinnen. Häufig werden auch schon vor dem Flop mit weniger erstklassigen Händen alle Chips riskiert. Aus diesem Geplänkel hält man sich am besten raus und spielt sehr tight. Sehr tight bedeutet nur AA, KK, QQ und AK anzufassen! Diese Hände müssen aber dann auch sehr aggressiv gespielt werden. Zu Beginn müssen die Spieler beobachtet werden. Es kommt häufig vor, dass man an einem Tisch voller Maniacs sitzt, die nach einem Raise und Reraise mit KT glauben allin gehen zu müssen. An so einem Tisch können Sie mit den oben genannten Händen übermäßig viel erhöhen, oder sofort alles setzen und es ist sehr wahrscheinlich gecallt zu werden und zu verdoppeln.
An einem weniger wilden Tisch sollten diese Hände „normal“ gespielt werden. Das bedeudet nichts anderes als ein ordentlicher Raise vor dem Flop und aggressives Spiel nach dem Flop.
Nach dem ersten Blindlevel, bei dem sich meist nur noch rund acht Spieler am Tisch befinden werden die Anforderungen an Starthände herabgesetzt. Mit AA, KK, QQ, JJ, TT, 99, AK und AQ wird vor dem Flop erhöht und wie auch oben nach dem Flop aggressiv gesetzt. Sind die Gegner weniger wild und erhöhen vor dem Flop nur selten, so können Sie auch mit kleinen Pocketpaaren (88 – 22) callen und sich einen Flop ansehen. Hier gilt es möglichst wenig für den Flop zu bezahlen und auf den Drilling hoffen. Wird das Pocketpair nicht zum Drilling hat es zu selten einen Wert und muss gefoldet werden. Ein Set (= Drilling) muss aggressiv erhöht werden.
Die mittlere Phase des Turniers
Als mittlere Phase bezeichne ich das Spiel mit 7 bis 5 Spielern am Tisch, also noch vor dem Bubble. Hier gelten die bereits besprochenen Starthände und das standardmäßige Spiel nach dem Flop. Zu diesem Zeitpunkt ist es wichtig sich für den Bubble zu rüsten und viele Chips anzusammeln.
Der Bubble
Wie bereits erwähnt unterscheidet sich das Spiel am Bubble komplett vom bisherigen Spiel. Erstmal müssen Sie sich Ihrer Position bewusst werden. Sind Sie Monster-Chipleader, Medium Stack, oder Short Stack? Spielen Ihre Gegner sehr tight und wollen sich ins Geld retten, oder wissen sie überhaupt nicht, dass sie am Bubble sind und wollen nur gewinnen? Jede Situation erfordert eine andere Taktik. Gehen wir einmal die wichtigsten Fälle durch:
Sie sind Chipleader, Ihre Gegner spielen sehr tight und möchten sich ins Geld retten. Hier ist die richtige Strategie natürlich ständigen Druck auszuüben und die Short Stacks vor eine schwierige Entscheidung zu stellen. Das ist die Phase in der Sie genügend Chips ansammeln können um sehr gute Chancen auf den Sieg zu haben.
Sie haben die Möglichkeit Ihre Gegner jederzeit zu eliminieren und können deswegen sehr aggressiv spielen. Aber Vorsicht: Ist ein eigentlich tighter Gegner auf einmal bereit sein Turnierleben zu riskieren, so ist er wohl sehr stark und bereit sich zu wehren. Mit ständigem oder konstantem Druck meine ich nicht bei jeder Hand allin zu gehen, sondern vor dem Flop mit einer breiten Palette von Händen zu erhöhen, viele Pots in Angriff zu nehmen, aber das immer ohne viel zu riskieren. Kleine Bets und Raises sind genug, weil diese den Gegner schon vor eine schwierige Entscheidung stellen!
Meistens befindet man sich aber in einer weniger komfortablen Situation:
Alle Spieler sind Medium Stacks und haben Siegchancen. Hier gibt es zwei unterschiedliche Annäherungen, die beide ihre Vor- und Nachteile haben. 1. Tight spielen um kein Risiko einzugehen. Damit überlässt man den Gegnern die Action, spielt nur Premiumhände wie AA, KK, QQ, JJ, TT, 99, AK und AQ und wartet bis jemand vom Tisch genommen wird. 2. Aggressives Spiel. Der Grund warum dies die wohl bessere Annäherung ist ist der, dass Ihre Gegner meistens Variante Nummer eins bevorzugen und tight spielen. Davon können Sie profitieren, Blinds stehlen und Druck ausüben.
Spielen des Shortstacks
Die steigenden Blinds und so manche unglücklichen Spielverläufe lassen einem sehr schnell mit wenig Chips dasitzen. Es gilt nun als Shortstack wieder zurück ins Spiel zu finden um noch Chancen auf ein Preisgeld zu haben. Wer mit wenigen Chips wartet bis sich alle gegenseitig vom Tisch nehmen um noch etwas Kohle abzugreifen, spielt schlecht und wird auf lange Sicht keine Erfolge verzeichnen können. Um die Größe seines eigenen Chipstacks einzuschätzen muss man diesen in Relation zu den Blinds betrachten. Am besten verwendet man hier das sogenannte M. Das M ist der Stack geteilt durch Big Blind + Small Blind (+ Antes). Hast du 3000 in Chips und die Blinds sind 100 und 200, so ist dein M 10, da 3000/(200+100)=10. Steigen die Blinds in der nächsten Runde auf 200/400, so halbiert sich das M auf 5. Das M ist nicht eine einfache Zahl, es sagt einem wie man bestimmte Hände spielen soll. Je kleiner das M desto weniger Chips hat man in Verhältnis zu den Blinds und desto mehr Risiken muss man eingehen. Zu Beginn startet man häufig mit einem M jenseits von 40; zu diesem Zeitpunkt hat man keine Eliminierung zu befürchten. In den Endphasen des Pokerturniers schrumpft das M und man gerät immer mehr unter Druck.
Es ist wichtig sein M ständig im Auge zu behalten, da es ein wichtiger Faktor ist wie man diese und jene Hand spielen soll. Ist das M größer als 20, so hat man nichts zu befürchten und man kann tight-aggressiv spielen. Unter 20 ist der Stack nicht mehr allzu groß und man muss sich gut überlegen welche Hände man spielt und welche nicht. Man muss zwar allgemein looser, also mehr Hände spielen, da man immer mehr unter Druck gerät, aber darf keine Hände spielen für die man tiefe Stacks braucht. Das sind Suited Connectors und kleine Pocketpärchen. Die Implied Odds (= potenzieller Gewinn nach Treffen der Hand) dafür sind nicht hoch genug um sie noch profitabel spielen zu können. Mit einem M von 6 – 19 sollte man diese Hände nur anfassen, wenn der Flop sehr günstig ist, man z.B. im Small Blind sitzt und 5 Caller vor sich hat. Ansonsten gilt es die Hände, die im Starthandartikel besprochen wurden zu erweitern. Dort wurde z.B. empfohlen in mittlerer Position mit A9 zu erhöhen. Bei einem M von 12 ist das immernoch richtig, aber hier kannst du die Anforderungen erweitern und auch mit A7 erhöhen. Für ein detailiertes Spiel vor dem Flop ist der Artikel Preflop für Fortgeschrittene sehr hilfreich.
Mit einem M von 7 am Bubble (oder auch 10 Big Blinds, dh 1000 Chips bei Blinds von 50/100) gibt es nur noch Allin oder Fold. Natürlich hängt diese Entscheidung von der eigenen Hand, den Gegnern und den Stacks ab. Schauen wir uns einmal die wichtigsten Szenarien an mit einem M von 7 oder wenigern. Erst einmal UTG (= under the gun, als erster an der Reihe):
Da man als erster agieren muss, also links vom Big Blind sitzt weiß man natürlich nicht wie stark die Gegner sein können, sondern nur welche Stacks diese haben. Wir gehen der Einfachheit halber einmal davon aus, dass diese relativ gleich sind, zu Extremsituationen kommen wir später. Die Gegner sind relativ tight.
Mit folgenden Händen solltest du einfach allin gehen, den Rest folden:
AA – 77
AK – AT
KQ, KJ
Je kleiner dein Stack wird, desto mehr Hände musst du pushen (= allin gehen), weil du immer mehr unter Druck gerätst und Gefahr läufst von den Blinds aufgefressen zu werden.
Bei nur noch 5 Big Blinds oder weniger ist es korrekt mit folgenden Händen zu pushen:
AA – 22
AK – A2
KQ – K6
QJ – Q8
JT – J9
T9, 98 und 87 suited
Bei unter 3 Big Blinds muss mit allen Händen gepusht werden, außer mit den allerschlechtesten wie 72, 84 usw.
Diese Richtlinien gelten für relativ tighte Gegner. Je looser die Gegner sind, also je mehr sie callen, desto besser muss die eigene Hand sein, hierfür müssen die schlechteren der o.g. Hände einfach weggelassen werden, z.B. bei 10 Big Blinds, UTG ist AT bei sehr loosen Gegnern ein Fold, aber AJs ein Push.
Gehen wir eine Position weiter an den Button. Hier sind wir nicht mehr als erster an der Reihe und sehen was der Spieler UTG gemacht hat. Nehmen wir einmal an, dass dieser foldet und die beiden Blinds relativ tight sind.
Hier können wir mit vielen Händen pushen:
AA – 22
AK – A2
KQ – K2
QJ – Q3
JT – J5
T9 – T6
98 – 96
87 – 85
und 76
Bei loosen Blinds, die sogut wie jedes Allin callen werden, müssen wir die o.g. Hände weit einschränken. Es gilt nur die ganz oben genannten Hände zu verwenden:
AA – 77
AK – AT
KQ, KJ
Befindet sich unser Stack in der Nähe oder unter der 5 BB (= Big Blind) Grenze, so ist es profitabel mit ALLEN Händen zu pushen! Das macht die Entscheidung recht einfach…
Was ist wenn der Spieler UTG einfach callt? Dann können wir mit folgenden Händen pushen:
AA – 22
AK – A2
KQ – K4
QJ – Q5
JT – J7
T9 – T8
und 98
Was ist wenn Spieler UTG allin geht? Dann spielt es eine große Rolle mit welchen Händen er das machen würde. War er bisher eher tight und hat noch nicht gepusht, dann wäre ein Call mit folgenden Händen richtig:
AA – JJ
und AK (nicht mehr!)
Bei einem loosen und aggressiven UTG Spieler solltest du mit folgenden Händen callen:
AA – 99
AK und AQ
Soviel zur Button-Position. Im Small Blind bei relativ tighten Gegnern und einem Stack kleiner als 10 BB ist es richtig mit ALLEN Karten zu pushen, wenn UTG und der Button gefoldet haben.
Callt UTG und/oder der Button, so sollte mit folgenden Händen gepusht und der Rest wieder gefoldet werden:
AA – 77
AK – AT
KQ, KJ
Pusht einer der beiden oder UTG pusht und der Button callt, so sollte mit diesen Händen gecallt werden:
AA – JJ
und AK
Es gilt wieder einmal, je kleiner der Stack, desto looser muss gecallt werden!
Im Big Blind solltest du mit den besseren Händen pushen:
AA – 77
AK – AT
KQ, KJ
und wenn nur gecallt wurde einfach checken.
Bei einem Call musst du wieder darauf achten wer pusht (tight oder loose?) und von welcher Position er das macht (UTG, Button, Small Blind?). Je looser der Pusher, desto looser deine Anforderungen an eine Call-Hand. Je besser seine Position (Small Blind besser als UTG) desto looser deine Anforderungen.
Es ist schwierig genug sich die oben genannten Hände und Situationen einzuprägen, deswegen wird an einem Bubble-Chart gearbeitet, der alles so übersichtlich wie möglich darstellt, so dass während des Spiels „gespickt“ werden darf!
Beim Spiel zu dritt kannst du grundsätzlich noch looser spielen, weil du schon im Geld bist, nun auf Sieg spielen möchtest und weil ein Spieler weniger am Tisch sitzt. Halte dich an das Bubble Play und spiele noch einen Tick looser in allen Belangen!
Heads-Up:
Da das nun den Umfang des Artikels sprengen würde, gibt es einen extra Heads-Up Guide.
Tipp: Wenn Du Strategien für Sit’n Go’s lieber in Buchform liest, dann empfehlen wir Dir das Buch Sit’n Go Strategy von Collin Moshman.
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