Vor gut einem Jahr machte in der Pokerszene eine Diskussion die Runde, die selbige in zwei Lager aufspaltete. Die neue Generation von Internetspielern, den „New Kids on the Block“ vertrat die komplett mathematische Sicht der Dinge und gewann dem alten Lager, hauptsächlich bestehend aus etablierten Pokerprofis mit Jahre langer Erfahrung wenig Respekt ab. Die Diskussion baute auf der Mathematik selbst auf und welche Rolle diese beim Pokern spielt. Die Quintessenz dahinter ist folgende: Man weiß, dass man mit dieser Hand hinten liegt, bekommt aber gute Pot Odds zum callen. Der Onlinespieler würde sagen, wenn die Wahrscheinlichkeit geschlagen zu sein kleiner ist als die Pot Odds, ist ein Call richtig, auch wenn man die meiste Zeit verliert. Der routinierte Livespieler argumentiert, dass er nicht callt, wenn er weiß, dass er geschlagen ist. Warum also Geld investieren, wenn man aller Wahrscheinlichkeit nach verliert?
Gus Hansen gehört jedenfalls nicht zu diesen etablierten Livespielern. Seine Spielweise mag für die meisten absolut verrückt und total wild erscheinen, aber sie basiert auf einem mathematischen Konzept und ist auf lange Sicht, wie er mittlerweile durch seine Erfolge wohl bewiesen hat, gewinnbringend.
So sagte er zum Beispiel in unserem Gus Hansen Interview:
“Ich glaube, das liegt einfach daran, dass die Leute eine falsche Ansicht haben, wie stark bestimmte Hände sind. Wenn du z.B. im Big Blind bist und jemand vom Button ein kleines Raise macht, muss er nicht gleichzeitig eine starke Hand haben. Er kann das mit jeder Hand machen. Wenn man dann im Big Blind gute Pot Odds bekommt, vielleicht sogar 3:1, warum sollte ich dann nicht mit meinen Karten callen können? So grundsätzlich hab ich dann eine 75o, was keine tolle Hand ist, aber mit Quoten von 3:1 gegen zwei beliebige Karten ist das ein guter Preis. Das kannst du Mathematik nennen und Leute sagen „langfristig wirst du Geld verlieren, wenn du 75o spielst“. Ich aber glaube, dass du langfristig Geld gewinnen wirst, wenn du 3:1 bekommst gegen eine Erhöhung in später Position. Hat jemand dagegen in früher Position erhöht macht es Sinn 75o im Big Blind zu folden, weil seine Hand wahrscheinlich deutlich besser ist. Es hängt also von der Situation ab, aber eben auch von Quoten – einfach eine Mischung aus vielem. Deshalb kannst du die Mathematik nicht weglassen, sie ist ein Teil des Spiels.”
Auch Patrik Antonius, ein junger Spieler aus Finnland spielt ähnlich mathematisch und eroberte die Profiszene im Sturm. Schauen wir uns eine Hand von ihm an, die diese mathematische Spielweise deutlich macht:
Brad Booth erhöht am Button bei Blinds von 150/300 auf 600 in einem Poker after Dark Single Table Winner Takes it all Turnier. Er ist Chipleader und war bisher recht aggressiv. Der Small Blind foldet und Antonius sitzt mit 74 in Herz im Big Blind.
Die meisten werden sich denken, dass dies eine schreckliche Hand ist, die gefoldet werden muss. Patrik bekommt aber über 3:1 Pot Odds und Brad ist Chipleader, baut Druck auf und kann mit einer sehr breiten Palette an Händen erhöhen. Selbst wenn er mit 10 % der besten Hände erhöht, bekäme Patrik die richtigen Pot Odds für einen Call. Brad’s Hand Range ist aber deutlich breiter und so ist es allemal der richtige Preis für einen Call.
Soweit die mathematische Sicht der Dinge. Die alte Garde wird wohl an dieser Stelle folden, weil schließlich erhöht wurde und 74 keine Hand ist um einen Raise zu callen. Für Patrik reicht es allerdings wenn er gegen die möglichen Hände von Booth die richtigen Pot Odds bekommt.
Er callt und der Flop ist:
7d Qc 2h
Kein schlechter Flop für Antonius. Middle Pair mit Backdoor Flushdraw und das gegen eine sehr breite Hand Range. Gegen die ist er jetzt knapp in Führung und da davon auszugehen ist, dass Booth eine Continuation Bet ansetzt, wäre ein Check-Raise kein schlechter Zug. Kann er mit diesem die Hand nicht entscheiden, dürfte middle Pair doch nicht ausreichen und er muss auf Verbesserung hoffen oder aufgeben.
Patrik checkt und Brad ebenfalls.
Turn:
4s
Mit Two Pair muss endlich Geld in die Mitte und Patrik kann nur noch hoffen in Top Pair zu laufen um ein paar Chips zu gewinnen. Er setzt 800 und Booth foldet.
Das Postflopspiel war hier nicht relevant. Es geht nur darum zu zeigen welche Gedanken einem aggressiven Spieler durch den Kopf gehen, der die Mathematik entscheiden lässt. In diesem Fall hat sich 74, eine schwache Hand gegen AT durchgesetzt.
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