Dieser Artikel wird bei den allermeisten Pokerspieler etwas Erstaunen herbeiführen bzw. werden viele zum ersten mal den Ausdruck „Turnier Equity“ (Teil des Preisgeldes der Euch mathematisch zusteht) überhaupt hören. Die Turnierequity ist ein Instrument, welches im SnGo zuerst etwas Denkarbeit erfordert, gerade deswegen, weil die folgenden Erklärungen zuerst etwas paradox scheinen.
Was ist nun diese Turnier Equity? Sie ist nichts anderes, als Euer Anteil, der euch vom Gesamtpreispool zusteht. Als Beispiele nehmen wir ein 1000$+100$ SnGo mit 10 Spielern. Dabei beträgt der Preispool 10.000$ und demzufolge müsste jeder Spieler eine Equity von 1000$ haben. Natürlich würde dies aber nur gelten, wenn alle Spieler dieselben Fähigkeiten hätten, was natürlich nie der Fall ist. Auch müssen die positionstechnischen Vorteile bzw. ein Rush(Lauf) eines Spielers dabei berücksichtigt werden.
Deswegen kann die Equity, je nach Spieler variieren und z.B kann ein Profi anstatt den 1000$ Preisanteil eine Equity von 1500$ haben und ein Fisch bzw. ein Maniac nur 400$, anstatt der 1000$. Dummerweise wissen wir zumeist im Vorfeld nicht, welche Spielertypen sich mit uns an den Tisch gesellen, dennoch haben wir ein entscheidendes Werkzeug um gleich mal im Vorfeld eine Selektion durchzuführen. Wer eine unterstützende Pokersoftware benützt, kann sich vor der Anmeldung zum Turnier, die Statistiken der restlichen Spieler ansehen und festellen, mit welchem Spieltyp er es zu tun hat.
Leider ist es uns aber zumeist nicht möglich, diese Infos rechtzeitig zu bekommen, weil solche kleinen SnGo’s relativ schnell besetzt sind. Das ist aber zumeist nicht das Problem, denn selbst wenn wir denken, dass wir einen schwachen Tisch gefunden haben, wissen wir noch lange nicht, wie unsere Equity aussieht. Denn selbst an einem schwache Tisch können wir z.B. auf 6 Spieler treffen die gerade einen Rush haben.
Damit das Ganze für Euch etwas anschaulicher wird, spielen wir nun eine Coinflip Situation zwischen 2 Spielern durch, die in der ersten Runde All-in gehen. Und nehmen wir an 22 spielt nun gegen eine zufällige Hand wie 73. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei beiden (etwas korrigiert) bei 50:50. Somit müsste man meinen, wenn diese beiden Spieler das Duell unendlich oft spielen würden bei einer Pot-Equity von 50%, dann würden sie langfristig weder einen Gewinn noch einen Verlust haben.
Genau hier aber liegt ein großer Denkfehler, denn wenn wir diesen Coinflip in der ersten Runde gewinnen, dann verdoppelten wir zwar unseren Stack, aber noch lange nicht unsere Turnierequity. Diese steigt nämlich nicht um das Doppelte. In einem Satz erklärt: Spielen dieses beiden deren Hände immer so, würden sie dennoch langfristig verlieren.
Erklärung:
Am leichtesten könnt Ihr euch das so vorstellen: Der Sieger des Coinflip hat jetzt zwar statt 1000 Chips jetzt 2000, aber bekommt nicht 1000$ Turnierequity dazu sondern sagen wir 900$. Die restlichen 100$ werden auf die nicht aktiven Spieler verteilt. Wieso? Naja, sie haben zwar noch dieselben Chips wie zu Beginn, aber einen Spieler weniger, der ins Preisgeld kommen kann. Somit hat deren Stack, obwohl er noch nicht angerührt wurde, an „Kraft“ gewonnen. Um die letzten Zweifel auszuräumen greifen wir nun einfach auf ein Extrembeispiel zurück.
Angenommen unser Coinflipsieger bekommt einen Rush und eliminiert einen nach dem Anderen. Wir sehen nur zu und zahlen lediglich die Blinds. Je mehr Spieler er eliminiert, desto höher wird unsere eigene Turnierequity. Das kann soweit führen, dass er alle eliminiert, 9000 Chips Stack hat und wir mit ihm im Heads Up sind mit 1000 Chips und keine Hand gespielt haben(Blinds wurden vernachlässigt). Und dennoch haben wir nun eine Turnierequity von 3200$ und haben nur 1000 Chips.
Resümee:
Ihr seht also, dass es bei SnGo’s nicht darauf ankommt, so schnell als möglich seinen Stack zu vervielfachen sondern einfach sein bestmögliches Poker an den Tag zu legen und geschickt zu spielen. Dieser Artikel ist für all jene Spieler sehr interessant, welche nach einer gewissen Zeit ohne spielbare Karten, Probleme haben nicht zum Maniac zu werden. Ihr dürft einfach nicht vergessen, dass Eure Chips immer wertvoller werden, je mehr Spieler ausscheiden, selbst wenn Ihr keine oder nur wenige dazu gewinnen könnt. Und wer sich beim Spiel an die Pokerschule hält, wird langfristig der Gewinnspieler bleiben, auch wenn er noch so viele Beats bekommt.
Tipp: Wenn Du mehr über Turnierequity erfahren willst, dann diskutiere Deine Fragen im Forum von Pokerstrategy.de.
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