Ein Tool, das Lesern dieses Artikels mittlerweile bekannt sein sollte ist Pokerstove. Wenn du dieses nette Programm noch nicht kennst, kannst du dir hierzu die Anleitung durchlesen.
Es sagt uns mit Drücken von ein paar Knöpfen wie unsere Equity in allen möglichen Situationen aussieht. So können wir recht einfach herausfinden, dass wir z.B. mit T9s gegen eine Hand-Range der besten 10,3 %-Hände 35,246% Equity haben. Schön und gut, aber wenn wir am Tisch sitzen haben wir keinen PC zur Hand und auch online dürfte es schwierig werden mal ganz schnell herumzurechnen.
Hand vs. Range
Deswegen möchte ich hier ein paar grobe Richtlinien zur Berechnung der Preflopequity gegen eine Hand-Range geben. Starten wir gleich mit einem einfachen Beispiel und erweitern dieses schrittweise:
Wir haben 88 und unser Gegner eine Hand-Range von [AA – 99, AK – AJ]. Jedem sollte bereits hier auffallen, dass wir mit 88 nicht die besten Karten haben. Wir gehen das ganze wie folgt an und teilen die möglichen Hände erstmal in Gruppen ein:
AA, KK, QQ, JJ, TT, 99 als Pocketpaare, das sind 6 Hände gegen die wir etwa 20 % Equity haben.
Allerdings sind Pocketpairs wesentlich unwahrscheinlicher zu bekommen als ungepaarte Hände, deswegen können wir beide nicht einfach so vergleichen. Die Anzahl der Pocketpaare sollte gedrittelt werden.
AA, KK, QQ, JJ, TT, 99 gelten als 2 Hände mit 20 % Equity.
AK, AQ, AJ sind 3 Hände, gegen die wir etwa 50 % Equity haben.
Zu 2/5 haben wir 20 % Equity, zu 3/5 50 %:
0,4 x 0,2 + 0,6 x 0,5 = 0,35 = 38 %
Mit 88 haben wir demnach 38 % Equity gegen die gesamte Hand-Range von [AA – 99, AK – AJ].
Pokerstove sagt uns aber 39,268 %, ich denke damit können wir leben.
Noch ein einfaches Beispiel:
Wir haben 22 und unser Gegner [AA – 33, AK – A3, KQ, KJ und QJ]
AA – 33 sind 12 Paare, sprich 4 Hände gegen die wir 20 % Equity haben.
AK – A3 sind 11 Hände gegen die wir 50 % Equity haben.
KQ, KJ und QJ sind 3 Hände gegen die wir 50 % Equity haben.
Insgesamt sind 18 Hände denkbar:
4/18 x 0,2 + 11/18 x 0,5 + 3/18 + 0,5 = 43,33 % (Pokerstove: 44,009 %)
Nun möchten wir eine Kleinigkeit ändern. Wir entfernen QJo aus seiner Hand-Range und sagen, dass er nur QJs spielen würde:
12 Paare = 4 Hände
11 Hände
2 Hände: KQ, KJ
sowie QJ, welche geviertelt werden muss (da suited und damit unwahrscheinlicher)!
4/17,25 x 0,2 + 11/17,25 x 0,5 + 2/17,25 x 0,5 + 0,25/17,25 x 0,5 = 43 % (Pokerstove 43,7 %)
Ok, der Unterschied ist minimalst und muss vernachlässigt werden, aber das zeigt nur den Denkprozess, der dahinter steht und dass ebendieser korrekt bzw. durch Pokerstove belegt ist.
Die Beispiele bisher waren recht einfach, wir hatten nur ein Pocketpair und damit nur zwei Equity-Möglichkeiten nämlich 20 und 50 %. Nun möchten wir das ganze verschärfen und schauen uns eine tighte Raiserange an: [AA – TT, AK – AJ]
Wir halten jetzt nicht ein Underpair, sondern AQo.
Da wir sowohl ein Ass, als auch eine Dame haben, sind gegnerische Kombinationen mit A und Q weniger wahrscheinlich. Dies müsste eigentlich berücksichtigt werden, allerdings ist der Unterschied so minimal und das Ergebnis mit folgender Methode bereits sehr nahe an der Realität:
AA = 1/3-Hand, 7 % Equity
KK, QQ = 2/3-Hand, 29 % Equity
JJ, TT = 2/3-Hand und 50 % Equity
AK = 1-Hand, 25 % Equity
AQ = 1-Hand, 50 % Equity
AJ = 1-Hand und 72 % Equity
Jede Menge kleine Portionen, also gehen wir’s an:
Jeweils 14/3 insgesamt (ich rechne hier mit Dezimalzahlen, Brüche wären wenig überschaubar)
0,33/4,66 x 0,07 + 0,66/4,66 x 0,29 + 0,66/4,66 x 0,5 + 1/4,66 x 0,25 + 1/4,66 x 0,5 + 1/4,66 x 0,72 = 43,2 % (42,491 % nach Pokerstove)
Damit haben wir im Prinzip schon den Gipfel von Hand gegen Hand-Range erreicht. Wie du siehst haben wir 6 verschiedene Szenarien (Dominated Overpair, Sandwich Pocketpair, Underpair, Dominated Ace und Tie), soviele gibt es kaum zu finden. Je looser jedoch die Hand-Range, desto mehr Hände sind möglich.
Range vs. Range
Auf diesen Part habe ich mich in Mathematics of Poker so gefreut, wurde aber schwer enttäuscht!
Wieder einmal fangen wir mit etwas leichtem an.
Range 1: [AA, KK]
Range 2: [QQ, JJ]
Folgende Szenarien sind möglich:
AA vs. QQ, KK vs. QQ, AA vs. JJ und KK vs. JJ
Man nimmt nun eine einzige Range, am besten die mit den wenigsten Händen und lässt jede Hand gegen diese Hand-Range antreten.
QQ = 1/3-Hand und 18 % Equity
JJ = 1/3-Hand und 19 % Equity
0,333/0,666 x 0,18 + 0,333/0,666 x 0,19 = 18,5 % (Pokerstove: 18,459 %)
Nun erweitern wir einmal Hand-Range 1 in [AA, KK und AK]
Jetzt geht es darum nicht wie vorhin die Wahrscheinlichkeit einer einzigen Hand (AK wahrscheinlicher als TT) aufzustellen, sondern die Wahrscheinlichkeit der Konfrontation!
QQ trifft im ersten Teil auf AA und KK. Alle drei bekommen die Wertigkeit 0,33. Nun müssen alle drei miteinander multipliziert werden, was soviel heisst wie 0,33³ = 0,036. Das ist nun unser Koeffizient dieses Duells.
Beim zweiten Teil geht es um QQ gegen eine ungepaarte Hand. QQ hat wieder die Wertigkeit 0,33, AK hingegen 1. Zusammen multipliziert ergibt das 0,33.
Insgesamt ergibt sich ein Wert von 0,732 (0,036 + 0,33 + 0,036 + 0,33).
Erster Teil: QQ vs. AA, KK
QQ = 0,036-Hand und 18 % Equity
Zweiter Teil: QQ vs. AK
QQ = 0,33-Hand und 44 % Equity
Erster Teil: JJ vs. AA, KK
JJ = 0,036-Hand und 19 % Equity
Zweiter Teil: JJ vs. AK
JJ 0,33-Hand und 44 % Equity
0,037/0,74 x 0,18 + 0,33/0,74 x 0,44 + 0,037/0,74 x 0,19 + 0,33/0,74 x 0,44 = 41 % (Pokerstove: 39,969%)
Ein sehr leichtes Hilfsmittel …
Weitere Ausführungen in dieser Richtung würden den Rahmen dieses Artikels sprengen und ich denke nicht, dass sich jemand die Mühe macht solche langen Rechnungen am Tisch durchzuführen. Eine Range gegen eine andere antreten zu lassen hilft einem häufig nicht wirklich weiter.
Die Frage, die man sich meist stellt ist die, wie die eigene Hand gegen die gegnerische Range aussieht. Das haben wir im ersten Teil bereits mathematisch analysiert. Für diejenigen, die die Mathematik am Tisch so unkompliziert wie möglich halten möchten möchte ich ein paar Richtlinien aufzeigen.
Wir haben gesehen, dass 88 gegen [AA – 99, AK – AJ] 39 % Equity hat. Nur wie kommt man mit einer einfachen Rechnung dahinter? Logischerweise kann diese nicht sonderlich genau sein, aber ich denke sie hilft vor allem denjenigen weiter, die im Dunklen tappen und keine Vorstellung davon haben wie sich ihre Hand gegen eine Hand-Range schlägt.
Die Rechnung im obigen Fall wäre:
50 – (6 x 1,5) = 41
50 gilt als Startwert. 6 ist die Anzahl der Overpairs und 1,5 der Faktor für diese. Die Overcards fließen wegen der 1:1 Konfrontation nicht in die Berechnung mit ein.
44 gegen [AA – 55, AK – AT]:
50 – (10 x 1,5) = 35 (Pokerstove: 36,390 %)
Aber Vorsicht! Diese Rechnung funktioniert nur in einem gängigen Rahmen. Mit 22 gegen eine Random-Hand wird das Ergebnis natürlich total falsch, weil die Pocketpaare wegen der vielen ungepaarten möglichen Hände nicht mehr ins Gewicht fallen! Sinnvoll ist diese Formel für die klassische Konfrontation eines Pocketpairs gegen einige ungepaarte hohe Karten, Over- und Underpairs:
99 gegen [AA – 55, AK – AT]:
50 – (5 x 1,5) + (4 x 1,5) = 49 (Pokerstove 50,988 %)
Schwieriger wird es nun mit ungepaarten Hole-Cards, aber auch hier versuche ich eine einfache Möglichkeit vorzugeben anstatt eine, die auf 2 Dezimalstellen genau ist. Es sollte klar sein, dass hier keine einfache Lösung genau sein kann. Mit einer ungepaarten Hand ist man nicht nur 4:1 Underdog/Favorit oder in einer Coinflipsituation, sondern hat einige mehr Möglichkeiten von 6 % bis 75 %. Konsequenterweise kann keine simple Rechnung diese Unterschiede berücksichtigen. Deswegen wird das Ergebnis leicht verfälscht, aber ich denke mit dieser Formel trotzdem eine gute Einschätzung zu ermöglichen:
AJ gegen [AA – 99, AK – AT]
50 – (8 x 1,5) + (2 x 1,5) = 41 (Pokerstove 38,749 %)
Gegen 8 Hände sind wir Underdog: AA, KK, QQ, JJ, AK, AQ, AKs, AQs und gegen zwei Favorit: AT und ATs.
AQ gegen [AA – 99, AK – AT]:
50 – (5 x 1,5) + (4 x 1,5) = 48,5 (Pokerstove 47,466 %)
AK gegen [AA – 88, AK – AJ, KQ]:
50 – (2 x 1,5) + (8 x 1,5) = 59 (Pokerstove 57,880 %)
KJ gegen [AA – 88, AK – AJ, KQ]:
50 – (14 x 1,5) = 29 (Pokerstove 31,903 %)
T8 gegen [AA – 88, AK – AJ, KQ]:
50 – (17 x 1,5) = 24,5 (Pokerstove 29,257 %)
Je exotischer die Auseinandersetzung, desto ungenauer wird die Rechnung. Trotzdem liefert diese in vielen Situationen die richtige Antwort und kann Entscheidungen verbessern. Oder wüsstest du welche Equity dein JJ gegen [AA – TT, AK, AQ] hat? Was würdest du tun, wenn du von einem Allin 1,2:1 Pot Odds bekommst? Callen wäre die richtige Entscheidung, da JJ nach unserer Formel 47 % und laut Pokerstove 46,876 % Equity hat!
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