Viele Spieler, erst recht Anfänger können sich nur schwer vorstellen eine Premiumhand vor dem Flop zu folden. Vor allem wenn man ständig nichts spielbares bekommt, wird ein Laydown wirklich nicht leicht. Anfänger sehen in Königen, Damen oder auch Buben einfach verdammt starke Hände, die nicht weggeworfen werden dürfen, egal was vor ihnen bisher passiert ist. Bessere Spieler haben zumindest im Gefühl, dass ihre Hand nach einem Raise, Call und Reraise nicht mehr gut ist, können sich aber einfach nicht von ihr trennen. Das Ergebnis bei diesen beiden Spielern bleibt natürlich unverändert, aber der fortgeschrittenere Spieler konnte die Situation zumindest besser einschätzen.
Schauen wir uns eine interessante Hand aus der European Poker Tour an in die der „Dinosaurier“ T.J. Cloutier verwickelt war:
Ein junger Schwede namens Sonesson erhöht aus mittlerer Position um 4.000. Direkt daneben sitzt T.J. Cloutier, dem man nachsagt der beste Spieler der Welt zu sein, der nicht das World Series of Poker Main Event gewinnen konnte. T.J. macht einen Reraise um 18.000. Die Spieler am Cut-Off, am Button und im Small Blind folden. Der Däne Jenssen im Big Blind findet nun mit JJ, die Angelhaken (engl. Fishhooks) wie sie auch genannt werden und hat keine leichte Entscheidung zu treffen. Mit zwei Buben ist man sehr weit hinten gegen höhere Pärchen wie QQ, KK und AA und gegen starke Asse wie AK und AQ grenzwertiger Favorit. Cloutier ist ein solider Spieler, der wirklich nur mit starken Händen einen solchen Reraise tätigt. Dass Jenssen in Führung liegt ist also sogut wie ausgeschlossen.
Ein weiteres Problem ist seine Position. Wenn er callt ist er nach dem Flop out of Position und muss als erster agieren. Was macht er im günstigsten Fall wenn nur niedrige Karten im Flop auftauchen? Allin check-raisen, wo er nur gecallt wird, wenn er in ein höheres Pocketpaar läuft, oder selbst einen Einsatz tätigen um durch Investition einiger Chips herauszufinden, ob er wirklich in Führung liegt oder klarer Underdog ist? All das sind keine wirklich gewinnbringenden Alternativen und ein weiterer Grund einfach zu folden.
Außerdem hat der ursprüngliche Raiser, Sonesson auch noch ein Wörtchen mitzureden. Die beiden Buben müssen sowohl gegen ihn als auch gegen T.J. bestehen, was noch unwahrscheinlicher ist.
TT, JJ und manchmal auch QQ können einen Reraise eines soliden Spielers nur sehr selten Stand halten. Ist die Position dazu auch noch unvorteilhaft, so ist ein Fold der richtige Zug. Genau das macht Jenssen und wirft seine beiden Buben in den Muck.
Sonesson hat ursprünglich mit 77 erhöht und hat nun eine ähnliche Entscheidung zu treffen. Auch er ist out of Position, das heisst T.J. hat Position auf ihn. Zwar hat er im Gegensatz zu Jenssen keinen Spieler mehr zwischen sich und Cloutier, aber die gesamte Position ist immernoch nicht ausreichend um weiterzuspielen. Die beiden Siebener sind nicht soviel schlechter als die zwei Buben. Gegen AK und AQ suited sind sie gleich gut, gegen die hohen Pärchen sind alle zwei deutlich unterlegen. Der Unterschied ist nicht so groß wie man auf den ersten Blick denken mag, allerdings reicht auch Sonesson’s Hand nicht aus dem mächtigen Reraise etwas entgegen zu bringen, darum foldet er.
T.J. blickt hinüber zu Jenssen und fragt ihn ob er zwei Zehner hatte. Dieser erzählt ihm, dass es sogar Buben waren und Cloutier zeigt ihm freundlicherweise zwei Damen.
Was wir aus dieser Hand lernen sollten ist nicht, dass Buben besser gefoldet werden sollten, sondern dass auf den ersten Blick starke Hände häufig nicht spielbar sind. Das hängt vor allem von den Faktoren „Action bisher“ und Position ab. Ist der bisherige Verlauf ein einfacher Raise aus mittlerer Position, so sind JJ sicherlich nicht schlecht dran. Heisst es aber Raise aus früher und Reraise aus später Position, so spricht die bisherige Action dafür, dass ein höheres Paar unterwegs ist und die beiden Buben kaum eine Chance haben.
Auch die Position spielt eine wichtige Rolle. So kann man out of Position und in einem „Sandwich“ gefangen sein, wie das in unserem Beispiel der Fall war. Das wäre die schlechteste Position und schraubt damit die Anforderungen an die eigene Hand weiter nach oben.
Und wenn es Ihnen schon öfter so ergangen ist, dass Sie wussten geschlagen zu sein, aber trotzdem weitergespielt haben, kann ich Ihnen nur raten sich einfach nicht lange damit abzufinden. Wenn man starke Hände foldet kann es auch vorkommen die beste Hand wegzuwerfen, aber wen kümmert das noch? Das passiert eben und falls Ihnen das noch nie passiert ist, spielen Sie aller Wahrscheinlichkeit nach zu loose und callen zuviel.
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