Mittlere Pocketpaare bringen viele Spieler in ungünstige Situationen, gerade wenn man in einem Turnier mit einem Preisgeld von einer Million US-Dollar wie bei PokerStars spielt. Manchmal halten sie ein Overpair am Flop, haben aber Angst vor höheren Overpairs und wissen, dass sie nur zwei Outs haben. In den meisten anderen Fällen tauchen, ein, zwei, oder auch drei Overcards am Flop auf und man hat keine Ahnung ob man geschlagen ist oder nicht. Selbst mit nur einer Overcard muss man Flop, Turn und River durchstehen um herauszufinden, ob genau diese Karte beim Gegner liegt oder nicht. Abgesehen vom günstigen Fall, dass der Spieler ein Set trifft, befindet er sich immer in einem Dilemma und es ist alles andere als leicht weiterzuspielen.Selbst Spitzenprofis wie Gus Hansen haben häufig Probleme mit diesen Händen, besonders in diesen beiden Situationen:
Ein sehr interessantes Pokerformat ist Poker after Dark. Es werden sechs -meist erstklassige- Spieler zu einem Winner takes it all Sit and Go eingeladen. Bei dieser Runde waren neben Gus auch noch David Benyamine, Patrik Antonius, Daniel Negreanu, Marco Traniello und Brad Booth am Start. Marco und Brad folden und Gus sitzt mit 99 am Cut Off. Wer Gus kennt weiß, dass er sehr aggressiv spielt, erst recht mit diesen recht starken Händen. Er raised bei Blinds von 100/200 und Stacks von gut 20.000 auf 800.
Benyamine am Button reraised allerdings auf 2.200, Antonius und Negreanu folden in den Blinds
Bisher wurden noch nicht viele Hände gespielt und Gus weiß nur das über David, was er aus vergangenen Partien aufnehmen konnte. Er ist ebenfalls aggressiv, überspielt viele Hände sogar, allerdings gehört er nicht umsonst zur Elite und kann sich auch zurück ziehen.
Hansen bekommt gute 2:1 Pot Odds und mit diesem Pärchen sollte er sogar gegen David’s Reraise Range in Führung liegen, da dieser sicherlich auch mit AQ einen solchen Raise durchziehen kann.
Die Frage ist nur was Hansen damit anstellen soll. Ein weiterer Reraise wäre wohl arg überzogen und er wird nur von anderen Overpairs und höchstens AK gecallt. Gegen letzteres hat er einen schlappen Coinflip in der frühen Phase eines Turniers. Auf einen nochmaligen Reraise kann Gus nur noch mit einem Fold antworten und er hätte gut ein Drittel seiner Chips verblasen.
Die Hand ist wirklich zu gut für einen Fold, aber zu schwach für einen Reraise. Damit kommt nur ein Call in Frage, der sicherlich nicht verkehrt ist. Er bekommt gute Pot Odds, hat gegen die eine Hälfte von David’s möglichen Händen gute Chancen und kann sogar alle Chips gewinnen, falls er ein Set floppt und Benyamine nicht von seinem Overpair lassen kann.
Hansen callt, im Pot sind 4.700 und der Flop ist:
266
Ein wirklich guter Flop für die beiden Neuner. Trotzdem gibt es kaum einen Grund gleich etwas zu setzen. Benyamine wird aller Wahrscheinlichkeit nach eine Continuation Bet ansetzen und eröffnet Gus damit die Möglichkeit auf einen Check-Raise, oder eben nur einen Call.
Hansen checkt und Benyamine setzt 2.000.
Dies ist eine klare Schlüsselsituation in dieser Hand. Gus hat zwar sein Overpair, aber der Pot ist noch sehr klein. Wenn er hier einen großen Pot aufbaut, dann liegt er wohl nicht in Führung und hat nur eine 10 % – ige Chance gegen ein Overpair zu gewinnen.
Problem bei einem Call ist allerdings, dass Gus immernoch nicht weiß wo er genau steht und möglichen Händen wie AK und AQ freie Karten gibt, die ihn schlagen können.
Die relativ großen Stacks machen es hier sehr schwierig fortzufahren. Hätten beide nur 10.000, dann wäre es offensichtlich hier allin zu gehen. So aber ist der Pot noch relativ klein und es ist mehr Vorsicht geboten.
Gus bekommt mehr als 3:1 Pot Odds, ein Fold ist wirklich auszuschließen. Es ist wirklich keine schöne Situation und darum macht Hansen genau das, was man im Zweifel häufig macht: callen.
Turn:
Ks
Das ist nicht gerade die Karte, die Hansen sehen wollte. Ass König und auch König Dame schlagen ihn jetzt. Nach dem Ass war dies die zweit schlechteste Karte und die Chipsituation hat sich nicht geändert. Es befinden sich nur 8.700 im Pot und beide Spieler haben noch gut über 15.000 übrig. Mit einem einfachen Einsatz kann Gus hier keine besseren Hände vertreiben und bringt auch keine schlechteren dazu zu callen. Darum checkt er, genauso wie Benyamine hinter ihm.
River:
8c
Wenigstens eine recht neutrale Karte, die Gus jetzt allerdings auch nichts mehr bringt. Ihn würden jetzt sogar die zwei Schneemänner, 88 schlagen, die durchaus Sinn ergeben würden nach der Spielweise von David.
Was kann Benyamine haben? Ein Overpair TT, JJ, QQ, AA sind sehr wahrscheinlich. AA hätte er aber wohl am Turn weiter for Value gebettet. Möglich ist, dass er mit TT, JJ und QQ Angst vor dem König hatte und darum gecheckt hat. Allerdings wird er sich nicht so leicht vertreiben lassen, da das Board recht ungefährlich ist, nur mit dem König als Overcard. Außerdem hätte Gus wohl am Turn angespielt, wenn ihm der König geholfen hätte. Aus Benyamine’s Sicht ist der König nicht die Todeskarte und bei Pot Odds von 2:1 im Falle einer Pot sized Bet von Gus, würde er wohl callen.
Eine weitere Möglichkeit ist AK. Der Reraise vor dem Flop und die Continuation Bet am Flop machen diese Hand sehr wahrscheinlich. Mit einem Check am Turn soll wohl ein Riverbluff von Gus induziert werden, oder vielleicht sogar eine Value Bet mit einem mittleren Pärchen. Schließlich kann Hansen nach dem Check-Behind am Turn nicht davon ausgehen, dass bei Benyamine der König liegt. Damit würde er einen netten Einsatz gewinnen.
Auch AQ ist bei den möglichen Händen dabei. Das ist aber auch die einzige Hand, die Gus schlägt und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass nur hinuntergecheckt wird.
Ein Einsatz macht sehr wenig Sinn. Die Chancen stehen schlecht bessere Hände zum folden zu bringen und auch schlechtere Hände zum callen zu bewegen. Dass David mit AQ callt ist auszuschließen.
Also checkt Gus und Benyamine setzt 7.500.
Zwar muss er nur jedes dritte Mal gewinnen, weil er 2:1 Pot Odds bekommt, allerdings dürfte die Chance hierfür nicht ausreichend sein. Er schlägt wirklich nur noch einen Bluff mit AQ, gegen alles andere verliert er. Gus sagt noch, dass er wahrscheinlich vier schlechte Entscheidungen in dieser Hand getroffen hat und wirft anschließend weg. Fest steht jedenfalls, dass diese Hand alles andere als leicht zu spielen war. So hätte sie am Flop entschieden werden können, was aber wegen der Chipverteilung sehr ungünstig für Gus war. Vielleicht hätte er durch den ein oder anderen Raise die Stärke seiner Hand besser einschätzen können. Ein Check-Raise am Flop wäre hier wohl das einfachste Mittel gewesen.
Im Nachhinein redet man sich immer leicht. Festzuhalten bleibt, dass sich diese mittleren Pärchen nicht von alleine spielen und zu manch schwierigen und -nach der Fundamental Theorem of Poker- falschen Entscheidungen verleiten.
Die nächste Runde
Wenngleich Gus die letzte Hand verloren hat, so ist sein Chipstack immernoch bei 20.000 und es gibt keinen Grund dieses Mal nicht 99 zu spielen. Vor ihm callt Brad Booth under the Gun. Wenn Hansen hier callt, ist es klar, dass er eine Call-Lawine auslöst und er in einem Multiway Pot sitzt. Für diese Hand ist das allerdings mehr als schlecht und er hat wirklich nur eine gute Siegchance, wenn eine dritte Neun im Flop auftaucht.
Da schon ein Spieler gecallt hat, muss der Raise etwas höher ausfallen. Gus setzt diesen bei 1.100 an.
David foldet neben ihm, Patrik callt. Negreanu merkt an, dass sich irgendetwas komisch anfühlt und foldet. Marco Traniello im Big Blind bezahlt Gus’ Raise, genauso wie der ursprüngliche Limper Booth.
Wir sehen also einen Flop mit vier Spielern. Das hat sich Gus sicherlich anders vorgestellt.
Flop:
2s 5c 8h
Traniello ist als erster an der Reihe und setzt 2.600 in einen Pot von 4.500. Brad Booth überlegt nicht lange und callt. Das erste was Gus an dieser Stelle einfällt ist sein berühmt berüchtigtes „Wow!“.
Wieder einmal alles andere als eine leichte Entscheidung. Es befinden sich jetzt 9.700 im Pot, Gus hält ein Overpair, sah aber vor sich einen Spieler, der in drei Gegner gebettet hat und seinen Nachbarn, der ohne lange Überlegung gecallt hat.
Es ist alles andere als selbstverständlich, dass Hansen nicht sicher ist die beste Hand zu halten.
Was können die beiden in den Blinds denn haben?
Marco hat gesehen wie ein Spieler limpt, der nächste ordentlich raised und ein weiterer Spieler diesen Raise callt. Da er nach dem Flop out of Position ist, muss er eine wirklich gute Hand haben.
Nach dem Flop spielt er sofort in drei Gegner hinein. Ein Bluff mit AK oder dergleichen ist eher auszuschließen, weil die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg bei so vielen Spielern recht gering ist.
Es ist davon auszugehen, dass er stark ist und seine Hand mit dieser Bet schützen möchte. Angenommen er hat JJ, checkt, genauso wie der Rest und am Turn kommt ein Ass, so ist er sicherlich geschlagen und muss folden. Eine Hand wie zwei Buben macht sehr viel Sinn aus seiner Sicht.
Was ist mit Booth?
Der kann wirklich alles mögliche haben. Angefangen von kleinen Pocketpaaren, über Connectors bis hin zu Assen oder Königen. Der Call am Flop schränkt seine Hand-Ranges auch nicht sonderlich ein. Möglich sind nach wie vor starke Overpairs, Top Pair mit 87, 98, ein Open Ended Straightdraw mit 76 oder 43 oder auch ein Set mit 88, 55 und 22.
Auch Antonius befindet sich noch in der Hand. Da dieser recht loose ist, kann er eine breite Palette an Händen haben, die aber aller Wahrscheinlichkeit nach den Flop deutlich verfehlt hat. Möglich sind zwei Overcards wie KQ, KJ, QJ, QT, etc. aber auch schwache gemachte Hände. Er stellt allerdings die geringste Gefahr dar.
Wie spielt sich Hansen’s 99 gegen die beiden Hand-Ranges von Marco und Brad?
Gegen Marco sieht es eher düster aus. Er ist sehr tight und kann vor allem in dieser Hand recht gut eingeschätzt werden. Allerdings ist es auch positiv, dass er tight ist, weil ihn Gus von den wahrscheinlichsten Händen wie TT und JJ trennen kann. Angenommen er geht allin, so wird Patrik ziemlich sicher folden und er befindet sich im Sandwich. Auch Booth hat noch ein Wörtchen mitzureden und mit seinem Call am Flop gezeigt, dass mit ihm zu rechnen ist. Hier droht Marco Gefahr von links und ein saftiger Allin-Call mit einem einfachen Overpair wird nicht gerade leicht.
Die Chance, dass dieser foldet ist nicht allzu schlecht, auch wenn die wahrscheinlichsten Hände Overpairs sind.
Brad Booth kann sogut wie alles haben. Einiges foldet er, einiges callt er innerhalb einer Nanosekunde. Wenn Gus ordentlich raised wird er wohl nur von hohen Overpairs und Sets gecallt. Hände, die in seiner Hand-Range liegen, aber eben nur ein paar von vielen sind.
Was soll Hansen also machen?
Ein Fold wäre absolut vertretbar weil bereits zwei Spieler gezeigt haben wie stark sie sind. Er hat noch einige Chips, nicht viel investiert und die nächste Hand kommt bestimmt.
Aber kann er wirklich folden wenn zwei Spieler im Rennen sind, die nahezu alles haben können und ein Spieler, der sich leicht aus der Hand drücken lässt?
Ein Call macht allerdings auch wenig Sinn, weil er damit erstens anderen Spielern freie Karten gibt und er zweitens Marco nicht von einer besseren Hand trennen kann.
Ein Raise ist demnach eine wirkliche Alternative, nur um wieviel muss erhöht werden? Im Pot befinden sich 9.700 und an dieser Stelle haben die Spieler in der Hand noch mindestens 19.000. Ein Standardraise auf 7.000 würde über ein Drittel von Gus’ Chips verschlingen und ihn sowieso committen.
Die einzige Alternative ist also gleich das Allin und dafür entscheidet sich Hansen auch. Er sagt es wäre Zeit für einen guten Read und geht mit 18.700 allin, Marc Traniello überlegt sehr lange, foldet schließlich, Brad Booth hingegen callt und zeigt zwei Asse, die auch bis zum Ende durch halten.
Wieder keine leichte Situation für ein Neuner Paar. Selbst als Overpair ist es sehr verwundbar, nämlich gegen höhere Overpairs. Der Plan von Gus Traniello aus der Hand zu drücken ging jedenfalls auf, er hat wirklich zwei Zehner weggeworfen. Bei Brad waren die beiden Asse allerdings eine Hand von vielen möglichen und er hätte genausogut nur einen Draw oder ein einfaches Pärchen getroffen haben können.
Ein Erfolg mit diesen mittleren Pärchen hängt nicht nur von guten Reads und korrektem Spiel, sondern eben auch von einer guten Portion Glück ab.
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