Zugegeben, dieser Artikel ist „dünnes Eis“. Wer will sich schon gerne öffentlich dazu äußern und etwas über Frauen in einer Männerdomäne schreiben? Übrigens – der Titel heißt absichtlich nicht „Frauen und Poker“ – laut meiner Freundin klingt das bereits so abwertend wie „Frauen und Auto fahren“ – und dieser Artikel soll doch tiefgründiger sein. Ich versuche auch weder für die eine noch die andere Seite eine Lanze zu brechen, sondern dieses subjektive Thema einfach mit einem Augenzwinkern zu behandeln. Und genauso wenig beneide ich Gary Wise vom ESPN’s Poker Club, um das harte Feedback auf seinen Bericht vom Ladies Event der diesjährigen WSOP.
Dank Al Franken und meiner ausgiebigen Recherche zu dem Thema, können Sie sicher sein, dass fast alle Behauptungen stimmen. Entweder dies oder die Aussagen sind Witze. Wenn Sie also auf etwas stoßen, das Ihnen merkwürdig vorkommt, haben Sie wahrscheinlich nur einen hervorragenden Witz nicht kapiert. Viel Spaß!
Fakt ist, es pokern deutlich mehr Männer als Frauen. Allein dadurch entsteht die logische Konsequenz, dass Männer häufiger Turniere gewinnen und es zumindest von der Anzahl her mehr männliche Spieler gibt, die erfolgreich pokern. Der prozentuale Anteil von guten Spielern der jeweiligen Lager ist schon deutlich schwieriger zu analysieren und zum Glück auch nicht Inhalt dieses Artikels.
Fakt ist, dass die Deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen bestimmt noch fünf Mal in Folge Weltmeister werden kann und deren Finalspiele trotzdem weniger Fernsehzuschauer haben werden, als irgendein Länderspiel der Herren. Beachvolleyball bei den Olympischen Spielen hat ja sogar manchmal mehr Einschaltquoten. Womit wir auch schon beim Thema wären:
Ich habe mir den Spaß erlaubt und die Worte „women“ und „poker“ bei Google eingegeben. Der erste Treffer ist eine Seite namens pokerbabes.com – Sie können beruhigt weiterleben, sie ist keinen Klick wert. Ein paar Zeilen weiter unten bietet mir Google „Top 10 Sexiest Women in Poker“, „Hottest Women in Poker“ und poker-babes.com an. Keine dieser Seiten ist wirklich up-to-date und die letzten Änderungen liegen oft schon über ein Jahr zurück. Trotzdem erscheinen sie auf der ersten Seite von Google. Hat das zu bedeuten, dass sich niemand wirklich traut etwas über Frauen und Poker zu schreiben? Oder ist mit einer Seite von Fotos alles über das Thema gesagt, was es zu sagen gibt? Wohl kaum…
Bevor wir ans Eingemachte gehen, eine kurze und völlig oberflächliche Zwischenbilanz: Wie meine umfassende Analyse ergeben hat befassen sich 40% aller Seiten im Internet, die die Worte Frauen und Poker enthalten mit Oberflächlichkeiten und hauptsächlich Fotos von Frauen. Und seht Ihr Frauen es doch einmal von der positiven Seite: Mehr als die Hälfte beschäftigt sich nicht mit dem Äußeren, sondern wohl mit den inneren Werten und Talenten.
Fakt ist, Poker wird immer gleichberechtigter. Frauen mussten sich noch vor zehn Jahren Sprüche anhören, sie sollen doch lieber etwas Kochen gehen anstatt zu pokern. Dieser Schuss kann natürlich auch nach hinten losgehen und die Ladies motivieren ihr bestes Poker zu spielen. Inzwischen wird die Etikette mehr gepflegt und das vermeintlich schwache Geschlecht wird seltener von Machos beim Spielen belastet. Natürlich ist es noch immer hart für Frauen sich gegen viele Männer durchzusetzen, denn meistens ist frau die einzige Vertreterin Ihres Geschlechts an einem Tisch. Und diesen Mut muss man respektieren. Welcher Kerl traut sich schon in einer Frauendomäne gegen neun Damen anzutreten?
Fakt ist, beim Poker gibt es immer weniger Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Nehmen wir als Beispiel Onlinepoker. Hier weiß niemand, zu welchem Lager seine Gegenüber gehören. Selbst wenn ich einen Avatar anzeigen lasse, muss dieser noch lange nichts über mein wirkliches Ich verraten. Es gibt garantiert zahlreiche Frauen, die einen männlichen Benutzernamen oder Avatar haben und umgekehrt. Ob mann darauf aber wirklich scharf ist mit seinem Frauenavatar einen Flirt mit einem 19-Jährigen aus New York zu starten ist wohl Stimmungssache. Aus eigener Erfahrung kann ich aber verraten, dass es manchmal durchaus amüsant ist. Vor allem wenn man den Kleinen aus dem Turnier schmeißt und er mir trotzdem noch eine gute Stunde lang von Tisch zu Tisch folgt, in der Hoffnung einen Stich zu machen, nur diesmal ohne Karten.
Die Grenzen verschwimmen also hier deutlich schneller als beim öffentlichen Pokern. Natürlich ist online dafür wieder etwas weniger Etikette zu erwarten. Schließlich ist man anonym und kann den anderen beleidigen, ohne dass man mit einem physikalischen Echo rechnen muss. Und es wird dort immer genug Trottel geben, die sich über Geschlecht oder Hautfarben der Avatare ärgern oder dies als Grund für Provokationen nutzen. Was einmal darüber nach gedacht, doch recht albern ist und viel über das geistige Potential des Gegners aussagt. Wenn ihn ein kleines Bild bereits dazu bringt sich weniger auf das Spiel zu konzentrieren und lieber alle Beteiligten mit seinem Chat zu langweilen. Zum Glück kann man Spieler online stumm schalten, so dass der Chat zukünftig gar nicht erst angezeigt wird. Andererseits ist diese Information auch wiederum ein Vorteil, zu wissen wer welchen Spieler nicht mag. Dies nutzen Frauen erfolgreich beim Live Poker.
Denn dort haben Frauen einige Vorteile, die Männer nie haben werden. Haben sie gute Hände, bekommen sie besonders viele Chips von Machos, die nicht gegen eine Frau folden wollen, weil dies ja bedeuten könnte, sie wäre besser. Und nur um zu beweisen, dass eine Frau sie nicht ausspielen kann, werden sie sehr viel callen. Dazu unterlassen wiederum andere Männer den Todesstoß, wenn sie merken, sie könnten eine Frau vom Turnier eliminieren und spielen zurückhaltender gegen sie. Der häufigste Effekt ist aber, dass Männer der Meinung sind „Frauen bluffen seltener“. Wettet eine Frau am River wird das häufig als Value Bet gewertet, weil sie „eine gute Hand haben muss“ und wird von Männern seltener gecallt. Genauso geht mann davon aus, wenn eine Frau eine Hand spielt, dann hat sie gute bis sehr gute Karten. Frauen können deshalb häufiger erfolgreich bluffen, weil mann es ihnen nicht zutraut.
Frauen, die Poker spielen wissen also in der Regel auf was sie sich einlassen. Hier ein paar Fakten, welche Frauen ganz oben mithalten können: Kathy Liebert führt die Liste der Frauen an, weil sie aktuell am meisten Geld bei Turnieren gewonnen hat. Satte 4 Millionen US-Dollar in Gewinnen stehen hinter ihrem Namen – ausreichend für Platz 44 in der ewigen Liste. Es gibt nur 43 Männer in der Welt, die bei Turnieren mehr Geld gewonnen haben. Platz 1 ist weiterhin Jamie Gold, dank seines 12 Millionen US-Dollar Gewinns von 2006 und ihn betrachten nicht einmal viele Männer als guten Spieler. Beim diesjährigen Main Event der WSOP war Maria Ho die letzte Frau die ausschied und erreichte immerhin Platz 38. Sie hielt also länger durch als 6.000 Männer beim selben Turnier. Jennifer Harman, in der Turnierliste der Frauen „nur“ auf Platz 4, gilt als die beste Frau bei den Cash Games und spielt regelmäßig im Bellagio gegen Doyle Brunson, Phil Ivey & Co. Sie muss dort erfolgreich pokern, weil sie bei Turnieren nicht so viel Geld gewonnen hat, dass sie es sich langfristig leisten könnte in „The Biggest Game“ zu verlieren. Und ihren Mann Marco Traniello steckt sie schon lange in die Tasche. Er hat nicht einmal eine halbe Million US-Dollar an Turniergewinnen.
Die aktuelle Frau des Poker ist übrigens eine 19-Jährige aus Norwegen mit dem Namen Annette Obrestad. Sie gewann am 17. September dieses Jahres das Main Event der WSOP Europe und kassierte 1 Million britische Pfund. Sie war schon davor eine kleine Berühmtheit, zumindest online. Unter dem Namen „Annette_15“ startete sie ihre Pokerkarriere vor vier Jahren. Sie spielt hauptsächlich bei Ultimate Bet und Pokerstars. Im Juli dieses Jahres hat sie öffentlich ein Onlineturnier mit 180 Teilnehmern gespielt und gewonnen. Das Besondere daran: Sie hat während dem kompletten Turnier nur einmal ihre Karten angeschaut, sonst waren sie verdeckt und sie hat ihre Gegner statt ihren Karten gespielt.
Fazit: Es gibt also tatsächlich immer mehr Frauen, die sich in einer Männerdomäne gegen die Konkurrenz durchsetzen können. Ralf Schumacher hat ja schließlich auch schon ein paar Formel 1 Rennen gewonnen. Auf Poker bezogen bedeutet das für uns Männer, dass wir Frauen den ein oder anderen guten Spielzug zutrauen müssen, wenn wir unser eigenes Spiel verbessern wollen. Frauen, die ihr Talent zu flirten und ihre Fähigkeit Männer zu lesen weiter verbessern sind eine ernst zunehmende Konkurrenz. Und vielleicht macht es sogar irgendwann gar keinen Unterschied mehr gegen welches Geschlecht man eine wichtige Hand gewinnt oder verliert.
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