Die No Limit Hold’em Pokerturniere sind natürlich das Non Plus Ultra in der Pokerszene. Nicht nur dass ein cooles All in mit spannenden Showdowns gut fernsehtauglich ist, sondern auch weil auch schwache Spieler durchkommen und richtig absahnen können. Sehr starke Spieler haben zwar insgesamt einen Vorteil, aber nicht immer kurzfristig. Doch auch als Spieler mit weniger Erfahrung kann man nicht einfach irgendeinen Stiefel zusammen spielen und auf den großen Sieg warten. In diesem Artikel möchte ich eine Taktik vorstellen, mit der Anfänger, die nicht einmal das Hand-Ranking im Kopf haben eine gute Chance haben gegen erfahrene Turnierspieler zu bestehen.
Wo ist der Unterschied?
Zunächst muss man einmal begreifen was einen guten Turnierspieler ausmacht und wie dieser spielt. Er berherrscht es sich an verschiedene Situationen perfekt anzupassen, mal schnell, mal langsam zu spielen, mal einen dicken Bluff starten und manchmal extrem starke Hände zu folden, wenn es die Situation erfordert. Der starke Spieler ist vor allem nach dem Flop allen anderen überlegen. Nach dem Flop werden von schwächeren Spielern die richtig dicken Fehler begangen, die er gezielt induzieren und ausnutzen kann. Schwache Spieler haben vor allem nach dem Flop Probleme die Stärke der jeweiligen Hände gut einzuordnen und begehen sehr teure Fehler. Als guter Spieler sucht man nicht nur diese schlechten Spieler, sondern auch die Situationen indenen diese die wirklichen Fehler machen.
Was der gute Spieler aufgrund dessen nicht leiden kann sind marginale Situationen in denen es um eine große Anzahl an Chips geht. Angenommen ein extrem guter Spieler erhöht in früher Position vor dem Flop mit AK und ein schwacher setzt ihn allin. Alle folden und der Spieler mit AK bekommt gerade mal 1,2:1 Pot Odds. Wird er eine große Menge an Chips nur mit Ass hoch riskieren? Selbst wenn er weiß, dass er in ein kleines Paar läuft, wird er trotz des richtigen Preises callen und die Münze entscheiden lassen?
Die Antwort darauf ist nein! Der gute Spieler sucht sich die passenden Situationen und geht marginalen wie der obigen gezielt aus dem Weg.
Die Turnierstrategie für Dummies
(Achtung an alle etwas fortgeschritteneren Turnierspieler: Diese Strategie ist nur empfehlenswert wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, z.B. dass der Anwender dieser Strategie keinen Plan von Pokern hat!)
Um mit der folgenden Strategie diese guten Spieler zu ärgern und vor schwere Entscheidungen zu stellen, müssen Sie nicht einmal die Regeln richtig beherrschen. Das einzige was Sie wissen müssen ist welche Hand Sie haben, in etwa wie groß Ihr Stack (= Anzahl der Chips) ist und was Ihre Gegner vor Ihnen machen. Alles andere spielt überhaupt keine Rolle und muss nicht beachtet werden!
Das Spiel mit kleinen Blinds
Zu Beginn des Turnieres sind die Blinds niedrig und die Stacks im Vergleich dazu groß. Gerade in dieser Anfangsphase riskiert wirklich kein guter Turnierspieler seine ganzen Chips, außer er hat wirklich die Nuts. Wenn Sie einfach so allin gehen, ohne sich die Karten angesehen zu haben, werden Sie gewisslich nur von einem guten Spieler gecallt, wenn dieser Asse hat. Selbst mit KK ist ihm das Risiko zu hoch entweder in AA zu laufen oder gegen Ax eine Niederlage einstecken zu müssen und aus dem Pokerturnier auszuscheiden. Je schwächer die Gegner, desto eher wird mit schlechteren Händen gecallt. Ein durchschnittlicher Spieler, der sich nicht wirklich mit Turnierstrategie auseinandersetzt foldet in der obigen Situation gewiss nicht KK. Aber mit dieser Turnierstrategie soll ein Weg gezeigt werden wirklich gute Spieler zu schlagen und nicht irgendwelche Donks, die wöchentlich ihr 20 Euro Rebuy Turnier im örtlichen Kartencasino spielen…
Die Strategie in den ersten Levels sieht so aus, dass nur AA, KK und AK gespielt werden dürfen und nichts anderes! Mit diesen Händen gehen Sie einfach allin, unabhängig davon was die Gegner vor Ihnen machen. Alle anderen Hände werden einfach nur gefoldet.
So sieht die Taktik in den ersten beiden Blindlevels aus.
Ab dem dritten Level steigen die Blinds wieder deutlich an und man darf nicht nur auf die oben genannten Premiumhände warten, sondern muss noch einige hinzufügen.
Wenn vor Ihnen jemand erhöht, gehen Sie allin mit: AA, KK und AK und folden Sie den Rest.
Erhöht vor Ihnen niemand und es wird allerhöchstens gecallt, können Sie mit sehr viel mehr Händen allin gehen: AA – 22, AK – AT, KQ, und gute suited Connectors wie 98s, T9s, aber nicht niedriger als 65s. Der Rest wird wieder einfach gefoldet.
So sieht die ganze Strategie in den ersten Levels aus. Um es etwas klarer zu machen hier ein paar Beispiele:
Sie sitzen am Button und befinden sich mit 2.500 Chips und Blinds von 25/50 im ersten Level. In früher Position erhöht ein Spieler auf 175. Sie haben QQ, alle anderen folden zu Ihnen, was machen Sie?
Folden. In dieser Situation darf nur AA, KK und AK gespielt werden und hätte ein Allin zur Folge.
Sie sitzen in früher Position und sind als erster an der Reihe. Die Blinds sind in Level zwei bei 50/100 und Sie haben 3.700 in Chips. Sie haben KK, was machen Sie?
Allin!
Drittes Level eines Turniers mit Blinds von 40/80. Sie halten AT, haben einen Stack von 2.680. Vor Ihnen erhöht ein Spieler auf 200. Was machen Sie?
Folden! Hätte kein Spieler vor Ihnen erhöht, wären Sie allin gegangen, so ist es aber ein Fold.
Das Spiel mit mittelhohen Blinds
Irgendwann steigen die Blinds immer weiter, die Spieler werden immer weniger und Sie müssen darauf reagieren. Dieses Mal müssen Sie nicht nur wissen in welchem Level Sie spielen, welche Hand Sie haben und was die Gegner vor Ihnen gemacht haben, sondern auch wie groß Ihr Stack im Vergleich zu den Blinds ist.
Es gibt eine Grenze, bei der Sie die oben genannte Strategie ab Level drei verändern müssen. Diese Grenze liegt bei 20 Big Blinds. Haben Sie 20.000 in Chips und die Blinds sind 100/200, so sind Sie genau an dieser Grenze. Wenn Ihr Stack also weniger als 20 Big Blinds umfasst (z.B. 18.000 bei Blinds von 100/200), sollte Ihre Strategie wie folgt aussehen:
Erhöht vor Ihnen ein Spieler, so gehen Sie allin mit: AA – 22, AK – AT, KQ, und gute suited Connectors wie 98s, T9s, aber nicht niedriger als 65s (mit den Händen mit denen Sie bei kleineren Blinds als erster Allin gegangen sind) und folden alles andere.
Findet vor Ihnen keine Erhöhung statt, so gehen Sie mit ALLEN Händen allin, außer mit den allerschlechtesten wie: 84, 72, T3, J5, 94 usw.
Der Grund für diese dramatische Angleichung ist einfach der, dass die Blinds nun schon so hoch sind, dass Sie deutliche Risiken eingehen müssen um sie zu stehlen. Kurz gesagt: Sie müssen und wollen gambeln, aber Ihre guten Gegner möchten das tunlichst vermeiden! Wenn sie erhöhen, und Sie zum Beispiel mit 98s allin gehen, werden sie einen hohen Prozentsatz an Händen einfach aufgeben. Und selbst wenn sie callen, ist 98s nicht wirklich schlecht dran.
Ein paar kleine Beispiele sollen das verdeutlichen:
Die Blinds sind in Level 5 bei 750/1500 und Sie haben einen Stack von 22.000. In früher Position finden Sie 33. Was machen Sie?
Allin! Ihr Stack ist unter der magischen 20 Big Blind Grenze, die bei 30.000 Chips liegt. Ihre Hand ist gut genug und sollte mit einem allin gespielt werden. Die meiste Zeit werden Sie die Blinds stehlen, weil alle Spieler folden. Manchmal werden Sie auch gecallt. Manchmal von AK, meistens aber auch von höheren Pärchen wie JJ. Gegen AK sind Sie in einer 50:50 Situation, gegen JJ sieht es düster aus. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist allerdings klein genug um das Risiko zu rechtfertigen mit 33 allin zu gehen. Das Spiel ist natürlich alles andere als ideal, aber es geht hier schließlich darum als extrem schwacher Spieler mit einer „idiotensicheren“ Strategie irgendwie gegen diese starken Spieler bestehen zu können.
Sie gehen also mit 33 allin, gewinnen die Blinds und finden jetzt 62 in erster Position.
Diese Hand ist absoluter Trash und sollte einfach gefoldet werden.
Die Blinds sind bei 200/400 und Ihr Stack beträgt 7500. Ein Spieler in früher Position raised auf 1000 und Sie sitzen mit 88 im Big Blind.
Allin or Fold? In diesem Fall ein klares Allin. Vielleicht denken Sie sich an dieser Stelle: wenn wir hier allin gehen, callt der Gegner mit JJ und man ist aus dem Turnier. Das mag natürlich immer sein, aber wer sagt, dass der starke Gegner hier JJ nicht folden muss weil er Angst vor einem Suckout, höheren Pärchen oder AK hat? Nochmal: Gute Gegner hassen es wie die Pest ihr ganzes Geld in unklaren Situationen aufs Spiel zu setzen. JJ ist alles andere als ein sicherer Sieger, Sie brauchen nur AQ und etwas Glück und schon darf sich der starke Spieler verabschieden.
Die hier dargelegten Strategien sind für einigermaßen Fortgeschrittene natürlich nicht gedacht und wer schon etwas Pokerstrategie Erfahrung hat dürfte mit seiner eigenen Strategie besser fahren als mit dieser. ABER sie dient sehr schwachen Spielern, die vielleicht gerade einmal die Regeln gelernt haben dazu, überhaupt in einem Turnier mit starken Spielern bestehen zu können. Dass damit nicht regelmäßige dicke Preisgelder eingefahren werden können, sollte klar sein, aber mit dieser Strategie kann man erfahrene Spieler ärgern und mit etwas Glück ganz weit vorne landen.
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